Râma Kathâ Rasa Vâhinî

Der Strom von Râmas Geschichte schlängelt sich durch manche Kurve und Windung. Nichtsdestoweniger bleibt die Süße des Erbarmens unvermindert durch die ganze Erzählung bestehen.

ISBN 978-3-932957-81-1


Die VAHINIS sind in digitaler Form auf Englisch kostenlos hier zu finden: open Vahinis

Die deutsche Übersetzung ist als als Buch (Print) beim Sathya Sai Buchzentrum und im Buchhandel erhätlich.
Anmerkung: Es dürfen laut gesetzlicher Vorgabe im deutschen Buchmarkt keine kostenlosen digitalen Bücher, die als gedruckte Version verkauft werden, zur Verfügung gestellt werden. Daher können wir hier nur mit einer Leseprobe dienen.


Leseprobe:

Râma fand Geschmack an den Früchten, die Shabarî mit solcher Hingabe anbot; während er von ihnen nahm, sagte er: „Mutter! Diese Früchte sind so süß wie dein Herz. Wirklich, das sind keine Früchte, die auf Bäumen wachsen. Denn die wilden Früchte, die im Dschungel wachsen, sind nie sehr süß. Sie können es niemals sein. Dies sind Früchte, die auf dem heiligen Baum des Lebens gewachsen sind, auf den Zweigen des reinen Geistes, im Sonnenschein der Liebe.“ Râma aß die Früchte und lobte die ganze Zeit ihren Geschmack.

Als Lakshmana Râma in dieser Stimmung sah, war er über die Maßen glücklich, denn Râma hatte seit langem keine Früchte mehr mit solcher Freude gegessen; all die Tage hatte Lakshmana mit viel Überredungskunst versuchen müssen, ihn zum Kosten einiger Früchte zu bewegen, mit Bitten und Betteln, sogar nachdem die Früchte geschält und zerkleinert vor ihn hingelegt worden waren. So sehr war Râma über die Trennung von Sîtâ berührt. Trotz aller Bemühungen Lakshmanas wollte Râma stets nur etwa eine halbe Frucht essen; niemals war Lakshmana mit der Menge, die sein Bruder aß, zufrieden. Heute gab Shabarî ihm Früchte, die reif von den Bäumen gefallen waren; sie pflegte sie jeden Tag abzuwischen und zu reinigen und für ihn aufzuheben, und wenn Râma nicht kam, verzehrte sie sie selbst als geweihte Nahrung, die ihr von ihm selbst, von Râma, gegeben wurde! Tag für Tag durchstreifte sie den Wald auf der Suche nach süßen Früchten, um sie vor Râma hinzustellen. So waren die Früchte jeden Tag von ihrer Liebe und Hingabe durchdrungen, und sie wurden doppelt schön. Lakshmana merkte, daß das der Grund dafür war, daß Râma sie mit Freude aß. Er war von Entzücken erfüllt, und er bewunderte die Hingabe Shabarîs, die so reich belohnt wurde. Er würdigte die göttliche Freude, mit der sie sich selbst als Ergebnis langer Jahre spirituellen Lernens und Lebens erfüllt hatte.

Shabarî stand mit gefalteten Händen vor Râma und sagte: „Herr! Ich bin aus einer niederen Kaste, ich bin von ungelehrtem Geist, unwissend und dumm. Ich habe keine heilige Kunst und keine heiligen Sprüche gelernt. Ich bin geringer als der geringste. Wie kann ich dich preisen oder deinen Glanz beschreiben? Ich habe keine Fertigkeit im Gebrauch der Worte. Ich habe meinen Verstand nicht gepflegt. Ich habe auch nicht die asketischen Übungen praktiziert, die vorgeschrieben sind, damit man Einblick in das Göttliche gewinnt. Ich stehe auf der niedrigsten Stufe im spirituellen Üben. Meine einzige Stärke ist meine Liebe zu Gott. Ich habe keine andere Hilfe oder Stütze.“ Und sie sprach von Râmas Mitleid, da er ihre Gaben angenommen hatte. „Deine Gnade ist grenzenlos“, sagte sie. Râma lauschte gespannt ihren Worten. Er hob ihr Kinn hoch und sah ihr direkt in die Augen. Er sagte: „Mutter! Was ich brauche, ist Hingabe; der Rest ist Beiwerk. Anderen Dingen wie der Gelehrsamkeit und der Intelligenz, dem Rang, dem sozialen Ansehen oder der Kaste schenke ich keine Beachtung. In meinen Augen haben sie keinen Wert. Mehr als alle Kräfte, die durch spirituelle Übungen, Entsagung und Entbehrung gewonnen werden, genieße ich die Süße der mit Liebe durchtränkten Hingabe. Ich suche nur diese. Ein Mensch, der keine Liebe in sich hat, ist so leer wie eine Wolke ohne Feuchtigkeit, wie ein Baum ohne Früchte oder wie eine Kuh, die keine Milch gibt. Er ist stets von Gott entfernt und kann niemals Gnade erwerben. Shabarî! Von den neun Wegen, Hingabe zu zeigen und zu pflegen, wünsche ich, daß nur ein einziger von den Menschen konsequent verfolgt wird. Aber ich stelle fest, daß du alle neun Wege ganz bis zum Ende gegangen bist. Deshalb sehe ich niemanden, der in spiritueller Hinsicht höher stünde als du. Ich bin wirklich über alle Maßen erfreut, denn du hast mir eine Hingabe dargebracht, die rein, standhaft und selbstlos und die Liebe ist, die aus dem Herzen kommt und in alle Richtungen und zu allen Wesen hinströmt. Du hast gegen niemanden Schmähungen ausgestoßen, nicht einmal im Traum! Das ist es, was deine Gedanken und Gefühle so rein macht. Dein Gemüt blüht nicht auf, wenn ‘Gutes’ zu dir kommt, und es welkt nicht, wenn ‘Schlechtes’ zu dir kommt. Du bist in jeder Hinsicht gesegnet.“ Shabarî sog diese Worte der Belehrung, die Râma zu ihr sprach, in sich auf. Sie sagte: „Râma! Für einen Gott Ergebenen gibt es keinen anderen Pfad, als sein Bestes zu tun, Ihm zu gefallen, nicht wahr? Ich verlange nach nichts anderem. Am heutigen Tag ist mein Vater, mein Gott, der Herr meines Lebens, der Herr aller Welten, der Herr der ganzen Schöpfung vor mir erschienen! Wie kann ich dieses große Glück ermessen, Herr und Gebieter von Janakas Tochter?“ So rief sie Sîtâ in Erinnerung, und die Brüder waren sich mit einem Mal wieder ihres Versprechens bewußt. Râma sagte zu ihr: „Wehe, Shabarî! Die ganze Zeit machtest du uns glücklich, frei von Angst, wir schwebten vor Freude; aber jetzt hast du uns wieder in Kummer versetzt.“ Shabarî bekam ein schlechtes Gewissen; sie hob bestürzt ihren Kopf und sprach in flehentlichem Ton: „Herr! Was sagst du da? Verzeih meine Unachtsamkeit!“, und sie warf sich Râma zu Füßen.